Kommandant Sämi Schneebeli über den Grosseinsatz der Obfelder Feuerwehr

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Ein Grossbrand, wie er in Obfelden zum Glück nur ganz selten vorkommt, beschäftigte am Mittwoch die Feuerwehr Obfelden, weitere Einsatzkräfte und auch viele Bewohner der Gemeinde. Der langjährige Feuerwehrkommandant Sämi Schneebeli war als einer der ersten Einsatzkräfte vor Ort und berichtet im Interview davon.

Mittwoch, 5. Mai 2021. Kurz vor dem Mittag. Rauchwolken verdunkeln den sonst schon wolkenverhangenen Himmel. Flammen schlagen aus dem Dachstock der Liegenschaft an der Wolserstrasse 2. Die Feuerwehr Obfelden steht im Grosseinsatz.

Der Grossbrand fordert eine verletzte Person und macht das Heim von 6 Obfelderinnen und Obfelder unbewohnbar. Ein Wiederaufbau scheint nicht möglich. Die Bevölkerung zeigt sich solidarisch. Bereits seit Donnerstag läuft eine von der Gemeinde koordinierte Spendenaktion.

obfelden.info hat mit dem Feuerwehrkommandanten Sämi Schneebeli gesprochen und ihn zu dem grossen Einsatz befragt.

Obfelder Feuerwehrkommandant Sämi Schneebeli beim Interview mit obfelden.info

Wie präsentierte sich die Lage beim Eintreffen der Feuerwehr?

Der Dachstock war bereits im Vollbrand. Beim Eintreffen am Brandort bleiben einem 30 Sekunden für die ersten Entscheidungen. Dabei spielt die Bauweise des Gebäudes eine wichtige Rolle. Vom Ausmass her und dem teilweisen Holzbau, war ein Innenangriff auf das Feuer bereits nicht mehr möglich.

Bei einem Brandalarm wird automatisch die ganze Feuerwehr Obfelden alarmiert. Das sind 62 Einsatzkräfte. Zudem wird auch gleich die Drehleiter und der Pikett Offizier des Stützpunkts Affoltern aufgeboten.

In den ersten Minuten fiel auch die Entscheidung, dass dieser Brand für Obfelden alleine zu gross ist. So wurden zusätzlich Personen und Material vom Stützpunkt bestellt. Ab dann wird das Kommando zu zweit geführt. 

Was waren die ersten Aufgaben? War klar, ob sich noch Personen im Gebäude befanden?

Anwohner vermuteten eine Person im Gebäude. Daher gab es einen kurzen Rettungseinsatz, bei dem aber niemand gefunden wurde. Das erste Gebot für die Feuerwehr ist immer die eigene Sicherheit. Daher zog man sich nach der kurzen Suche zurück.

Später stellte sich heraus, dass die gesuchte Person glücklicherweise gar nicht anwesend war. Alle anderen Bewohner wurden bereits vor dem Eintreffen der Feuerwehr von Anwohnern aus dem Gebäude geholt. Eine Person rettete sich auf ein Garagendach und konnte mit einer Leiter geborgen werden.

In der ersten Phase konzentrierte sich die Feuerwehr darauf die umliegenden Gebäude zu schützen. Vom starken Wind her war das Haus an der Dorfstrasse 39 am stärksten gefährdet. Dieses wurde mit einem massiven Wassereinsatz geschützt.

Luftaufnahme des betroffenen Hauses (Quelle: Google Maps)

Wie wurde die Brandbekämpfung organisiert?

Anfänglich gibt es immer eine Chaos-Phase, danach wird strukturiert. Ab diesem Zeitpunkt sind verschiedene Offiziere für ihre Verantwortungsbereiche zuständig. Jemand beobachtet das Gebäude von aussen oder kümmert sich um den Atemschutz oder die Umwelt. Nur schon für das Löschwasser muss geprüft werden, ob dieses über die Kanalisation entsorgt werden darf.

Um 12.15 Uhr gab es einen ersten Rapport, bei dem alle Einsatzkräfte (Feuerwehr, Sanität, Verkehr, Polizei und später auch schon die Brandermittler) den aktuellen Stand besprechen. Ziel ist es, dem Ereignis immer einen Schritt voraus zu sein. Der Lage-Rapport fand erst halbstündlich, dann stündlich statt.

Was waren die Schwierigkeiten beim Löschen?

Das Feuer brach vermutlich im Dachstock aus. Durch die Bauweise konnte es sich ungehindert über den ganzen Dachstock verteilen. Zudem frass sich das Feuer dem Holzboden entlang. Dies verhinderte, dass man in einer ersten Phase an die Glutnester rankam.

Für die komplette Brandbekämpfung mussten daher Kräne aufgeboten werden, um besser an die Brandstellen heranzukommen. Das Dach wurde so, langsam abgetragen. Am Nachmittag kam auch eine Drohne mit Wärmebildkamera zum Einsatz. Diese stellte noch zwei Wärmenester fest, welche man dann gezielt löschen konnte.

Aufnahme des abgebrannten Hauses (Quelle: Feuerwehr Obfelden)

Wie lief es am Abend weiter?

Um 18.30 Uhr fand der letzte gemeinsame Rapport statt. Von da an, übernahm die Feuerwehr Obfelden den Einsatz wieder selbst. Um 20 Uhr konnte die Dorfstrasse wieder freigegeben werden. Für die Nacht war eine Brandwache nötig. Zwei Personen blieben im Schichtbetrieb die ganze Nacht vor Ort. Und diese mussten tatsächlich auch nochmals löschen. Ab Donnerstag, 8 Uhr war der Einsatz beendet und das Gelände wurde abgesperrt. 

Am Donnerstag um 15 Uhr kam es zu einem erneuten Einsatz, da es wieder zu einer Rauchentwicklung kam. Sämi Schneebeli betont, dass Asche sich bis zu 72 Stunden lang nochmals entzünden kann. 

Für den ganzen Einsatz wurden ca. 700 Kubikmeter Wasser benötigt, was gut 2/3 des Obfelder Wasserverbrauchs an einem Tag entspricht.

Wie ist das Ereignis einzuordnen im Vergleich zu anderen Einsätzen der Feuerwehr Obfelden?

Das war wirklich ein Grossereignis. 99 Prozent der Einsätze können ansonsten selbst erledigt werden. 

Nach so einem Ereignis gibt es auch ein Debriefing, wo alle beteiligten Feuerwehrleute freiwillig nochmals zusammenkommen und über den Einsatz sprechen.

Wie sieht es generell mit der Feuerwehr Obfelden aus. Genügt der Bestand? 

Neue Mitglieder sind immer willkommen! Wir stehen momentan mit 62 Mitgliedern gut da. Mitmachen kann man idealerweise ab 18 Jahren. Je nach Einsatzgebiet kann man danach auch bis ins Alter gut mitwirken.

Besten Dank für das Gespräch!

Aufnahmen des Brandes

Dominik Stierli

Dominik Stierli schreibt seit 2018 für obfelden.info und hat unterdessen sein Hobby zum Beruf gemacht. Seit 2022 schreibt er als Redaktor auch für den Affolter Anzeiger. Über schreibende Unterstützung bei obfelden.info freut er sich jederzeit.

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