Exkursion der Obfelder Grenze nach – mit Historischem und Aktuellem

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Einen unterhaltsamen Weg, um Geschichte und Politisches zu vermitteln, fand die Gemeinde Obfelden vergangenen Samstag. Gemeinderat Peter Weiss lud zusammen mit Historiker Bernhard Schneider zur Exkursion – entlang der Obfelder Grenze und mit Zweirädern unterwegs. Gut 20 Personen fanden sich auf dem Reuss-Parkplatz ein und kamen so auch in den Genuss des wohl letzten sommerlichen Tages in diesem Jahr.

Was vom Geschichtlichen her natürlich nicht fehlen durfte, erzählte Bernhard Schneider gleich zu Beginn. Hier in der Nähe der Reuss wurde der römische Goldschatz von Lunnern gefunden, welcher im Schweizer Landesmuseum ausgestellt ist. «Das waren Einzelfunde, archäologische Grabungen fanden in diesem Gebiet nicht statt», stellte Schneider etwas bedauernd fest. Die historischen Berichte zeigten einige Parallelen zur heutigen Zeit auf. Beim Sonderbundskrieg 1847 trafen die katholischen auf die mehrheitlich protestantischen Kantone und auch Zölle zwischen den Kantonen waren damals gang und gebe. So war ein Verkauf nach Merenschwand mit Zöllen belastet.

Der Reuss entlang

Nach den Ausführungen nahm die Gruppe – vom nicht bewilligten, hinteren Parkplatz, wie Peter Weiss erklärte – weiter der Reuss hinauf zum Lorzenspitz die Tour in Angriff. Dort erfuhren die Interessierten, dass Obfelden auf gut 500 Metern auch an den Kanton Zug, genauer die Gemeinde Hünenberg, grenzt.

Der Historiker blickte ins Hochmittelalter und berichtete, dass damals die Ottenbacher (Obfelden gab es noch nicht) entlang der Reuss versuchten gegenüber den Luzernern (damals gehörte das Gebiet nicht zum Aargau) Land zu gewinnen. Dazu wurde immer weiter in die Reuss hinausgebaut, bis es fast kein Durchkommen mehr für die Schiffe gab.

20 Prozent gehören dem Wald

Die Fahrt ging an diesem Samstagmorgen weiter durch dicht bewaldetes Gebiet und ziemlich steil hinauf. Peter Weiss sprach von 138 Hektaren Wald, welche das Gemeindegebiet ausmacht. «Das sind 20 Prozent der Gesamtfläche», erklärte er und berichtete, dass die Wälder grösstenteils der Holzkooperation gehören.

Auch auf die grosse Informationstafeln mit Regeln zur Waldnutzung wurde aufmerksam gemacht. Insgesamt vier Tafeln stehen in Obfelden und machen auf die heutzutage übliche und nicht ganz konfliktfreie Mehrfachnutzung des Waldes aufmerksam.

Flurgenossenschaft kümmert sich um 25 Kilometer Wege

Der nächste Stopp war auf der Grenze zu Mettmenstetten, auf dem Flurweg ins Gebiet Fleug in Wolsen. Hier erfuhren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mehr zur Flurgenossenschaft. Diese Organisation zeigt sich für den Unterhalt der Flurstrassen und Drainagen-Leitungen auf den Feldern verantwortlich. Wer durch Landeigentum in Besitz eines Teils von Flurwegen kommt, ist durch den entsprechenden Grundbucheintrag automatisch an der Flurgenossenschaft beteiligt. Diese umfasst so gut 250 Personen und kümmert sich um 25 Kilometer Wege und etwa 1000 Drainagen-Leitungen.

Die Hälfte der Unterhaltskosten übernimmt die Gemeinde, die andere Hälfte die Genossenschaft. Bisher genügten die gelegentlichen Land-Verkäufe für die Finanzierung des Genossenschaft-Anteils. Landverkäufe werden möglich bzw. notwendig, wenn Flurwege durch Neubauten zu Siedlungsgebiet werden oder ergaben sich auch beim Bau des Autobahn-Zubringers. So mussten bisher in Obfelden keine Flur-Steuern erhoben werden.

Viel Landwirtschaftsfläche

Neben den erwähnten Waldflächen kommen in Obfelden gut 30 Prozent Siedlungsfläche dazu. Die restlichen 50 Prozent Fläche werden landwirtschaftlich genutzt. Man zähle 15 Betriebe, berichtete Weiss und es würden Obst, Gemüse, Pilze, Getreide und Honig produziert. Der Stopp beim Biohof Schneebeli verdeutlichte diese Worte.

Historiker Bernhard Schneider erklärte dazu, dass der Anbau von Getreide Sesshaftigkeit voraussetzte. Davor ernährte man sich oft von Fleisch – nicht immer gekocht, was robuste Mägen nötig machte. In den letzten 6000 Jahren passte sich aber Ernährung und auch unsere Mägen an. Ab dem 18. Jahrhundert konnte dank ersten Forschungen Getreide effizienter angepflanzt und mehr geerntet werden. Die Zeiten waren aber immer noch durch die Obrigkeiten der Stadt Zürich geprägt, welche Vorgaben für die Landbevölkerung gaben und auch Steuern verlangten. So musste in dieser Zeit zehn Prozent der Erträge abgeben werden, den sogenannte «Zehnten».

Für die Mittagspause kehrte man in der Raststätte MyStop ein, welche auf Obfelder Boden liegt. Rund um diese gab es ebenfalls noch einige Informationen. So wehre sich der Gemeinderat gegen die laufende Richtplanrevision, welche eine zusätzliche Querung über die Autobahn streichen will. Und auch der Japankäfer sei kürzlich dort gefunden worden. Daher sind jetzt Fallen aufgestellt, um herauszufinden, ob dies Einzelfälle waren oder sich noch mehr Käfer in der Gegend befinden.

Trinkwasser aus dem Zürichsee

Gestärkt vom offerierten Pasta-Plausch ging es für die Velofahrerinnen und -fahrer weiter der Obfelder Grenze entlang. Im Gebiet Mettenholz hinter dem Einrichtungshaus Pfister machte Peter Weiss die Gruppe auf ein kleines Häuschen aufmerksam: In diesem befindet sich ein Pumpwerk mit zwei Pumpen», berichtet Weiss. Von hier werde das ankommende Wasser der Gruppenwasserversorgung Amt nach Obfelden geleitet. Auch der Ausfall der Wasserversorgung in Teilen der Gemeinde im Juni wegen Problem im Reservoir Isenberg im Juni wurde angesprochen. Zum aktuellen Verbrauch hielt Weiss fest: «217 Litern pro Person und pro Tag Wasser verbraucht man in Obfelden aktuell».

Historisch gesehen, dauerte es bis ins 20. Jahrhundert bis alle Haushalte mit Wasser versorgt wurden, so Bernhard Schneider. Wasser sei vor allem fürs Trinken, aber auch für die Hygiene sehr wichtig. Schneider wies auch auf eine Diskrepanz hin. So erstellte man zuerst die Wasserversorgung und erst Jahrzehnte später kamen auch Kläranlagen dazu. Erst nach dem Boom von Kläranlagen in den 60er Jahren sei zum Beispiel das Zürichseewasser, welches wir grösstenteils nutzen, überhaupt wieder brauchbar geworden.

Auch der zweitletzte Stopp hatte politische Aktualität. Bei der sogenannten Hündeler Hütte machte Peter Weiss darauf aufmerksam, dass auf der Strasse zwischen Obfelden und Zwillikon ein Fahrverbot beschlossen wurde. Der Schleichverkehr habe in letzter Zeit immer mehr zugenommen. Velos blieben aber erlaubt.

Man wollte nicht Ottenbacher sein

Historisch erfuhren die Obfelderinnen und Obfelder nun noch, wie es zur Gründung der eigenen Gemeinde kam. In den 1840er Jahren wurden in unserem Gebiet Gemeinden eingeführt. So waren die Bewohner der Weiler plötzlich Ottenbacher und nicht mehr Wolsener oder Bickwiler. So strebte man an, ein eigenes Dorf zu werden. Der damalige Ottenbacher Pfarrer verfasste für die «Obfelder» eine Bittschrift an den Regierungsrat und auch weitere Versuche wurden dort platziert – aber vorerst nicht beachtet. Erst während dem Sonderbundskrieg, lenkte der Regierungsrat ein. Bernhard Schneider interpretiert dies so, dass es die Regierung nicht mit den «Obfeldern» verspielen wollte. So war man auf die damaligen Grenzgebiete angewiesen, dass diese die liberalen Zürcher Kräfte gegen die Innerschweiz unterstützten, was zum Beispiel im November 1847 beim Gefecht von Lunnern auch nötig wurde.

Die Weiler einigten sich dann auf einen Namen, welcher keinen Weiler bevorzugte und man vermutet, dass man dann mit dem Begriff «Ob dem Felde» die fünf Weiler zu Obfelden zusammenfasste.

Eine der letzten Stopps der Exkursion erfolgte beim grossen Nussbaum und der Bank mit wunderbarem Blick auf die Region und Obfelden selbst. Einziger Wermutstropfen hier: der Ort gehört bereits zur Gemeinde Ottenbach. Aber für einmal sollen die Rivalitäten zwischen den Gemeinden kein Thema mehr sein. Auch Peter Weiss betonte die gute Zusammenarbeit mit den Ottenbacher Behörden.

Dominik Stierli

Dominik Stierli schreibt seit 2018 für obfelden.info und hat unterdessen sein Hobby zum Beruf gemacht. Seit 2022 schreibt er als Redaktor auch für den Affolter Anzeiger. Über schreibende Unterstützung bei obfelden.info freut er sich jederzeit.

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